Handwerkliche Röstung ? !

Handwerkliche Röstung ? !

Jeder kennt die Werbeversprechen: die Begriffe schonende Röstung,  ... 

... handwerklich geröstet, Trommelröstung etc. sollen Handwerk von Industrie unterscheiden helfen und suggerieren gleichzeitig eigene handwerkliche Kompetenz.

Grundsätzlich ist da etwas dran, ganz so leicht ist es allerdings auch nicht. Die Unterscheidung von Industrie zu Handwerk ist dabei relativ einfach: Rösttemperaturen jenseits der 600 Grad und Röstzeiten von gerade einmal zwei Minuten sind Kennzeichen und Merkmale industrieller Großanlagen, bei denen grundsätzlich der Fokus auf niedrigen Preisen, Reproduzierbarkeit und Prozessoptimierung liegt, nicht auf der Qualität. Solche Rösttemperaturen verhindern die Aromenentwicklung, den Abbau der Chlorogensäuren und begünstigen Acrylamidbildung. Schlechte Rohkaffeequalität wird durch dunkle bis extrem dunkle Röstgrade kaschiert. Stichwort Röstaromen. Dunkle Kaffees sind bitter, schmecken verbrannt und haben den typischen Kaffeegeschmack, den man von industriellen Großröstungen kennt. Die Industrie hat es leider durch geschicktes Marketing verstanden, den Geschmack des Verbrannten als typisches Flavourprofil von Kaffee zu etablieren, so dass heute vielfach schwarz mit stark gleichgesetzt und dabei vorausgesetzt wird, dass ein richtiger Kaffee bitter zu schmecken hat.

Dem ist glücklicherweise nicht so, denn hochwertiger Rohkaffee hat deutlich mehr Aromen zu bieten als beispielsweise Wein – dazu gibt es unzählige Varietäten, die unterschiedlichste Flavourprofile aufweisen. Es gibt florale, fruchtige und schokoladig-nussige Kaffees, dezente und eher kräftige, welche mit viel und welche mit wenig Koffein. Dabei muss nicht jedem jeder Kaffee schmecken – aber wenn man sich auf die Reise begibt und offen ist, wird jeder seine Kaffees ( es gibt nicht den einen Lieblingskaffee, wie es auch nicht einen Wein für alle Gelegenheiten gibt) finden – auch und gerade jenseits vom verbrannten Mainstream.

Zurück zum Rösten: gute Röster rösten immer in kleinen Chargen, immer bei niedriger Temperatur (im Vergleich zur Industrie) und langen Röstzeiten, fast immer im Trommelröster (es gibt auch Heißluftröster).

Allerdings ist natürlich auch bei kleinen Röstern der hochwertiger Rohkaffee notwendige Bedingung für ein gelungenes Endprodukt. Das Sprichwort ‚aus Sch…. kann man kein Gold machen‘ trifft auch beim Kaffeerösten zu.

Super Bohnen sind zwar Voraussetzung, aber immer noch keine Garantie für guten Kaffee. Aus dem gleichen Rohkaffee wird jeder Röster ein anderes Endprodukt herausbekommen, denn das Rösten ist ein extrem komplexer Prozess. Salopp gesagt: rösten heißt nicht: ‚braun machen‘. Und schon gar nicht: ‚verbrennen‘. Die Farbe allein sagt nichts über die Qualität eines gerösteten Kaffees aus, auch helle Röstungen können flach schmecken: falsche Röstparameter, insbesondere zu lange Röstungen mit zu niedriger Temperatur unterhalb von ca. 180 Grad sorgen dafür, dass viele Aromen unterentwickelt bleiben. Die eigentliche Aromenbildung vollzieht sich in der Maillard-Reaktion, in der Regel zwischen 180 und 200 Grad Celsius.

Das richtige Röstprofli für die jeweilige Bohne zu finden ist die Kunst und die Herausforderung, der man sich täglich stellen muss. Schon Außentemperatur- und Luftdruckschwankungen erfordern Änderungen im Röstprofil und aktive Einflussnahme. Die genaue Kenntnis des Rohkaffees, seiner Wachstumsbedingungen, des Processings und nicht zuletzt der Lagerung sowie fundiertes Wissen um Röstprozesse und chemische Reaktionen während des Röstens sind unabdingbare Voraussetzungen für einen wirklich gut gerösteten Kaffee.

Deshalb gilt: Gutes Rösten bleibt aufwändige Handarbeit.